Neccropole
[Der Buchmacher]




31.08.2013
20:26
Frau Bürgermeisterin Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (Düsseldorf) reagiert... :-)      [7168]
Ich habe Frau Bürgermeisterin Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (Düsseldorf) eine kurze eMail geschickt um Sie auf eine fehlerhafte Interpretation der 'The Wall Live'-Veranstaltung in Düsseldorf hinzuweisen. Ihre Antwort - insbesondere die letzten Sätze - hat mir die Sprache verschlagen:

Sehr geehrter Hr Geyer,
"einfach mal Fresse halten". Das könnte Ihnen so passen. Dieter Nuhr zu zitieren, spricht für die Qualität Ihrer Äußerungen. Sie können diese Show toll finden, das ist Ihnen unbenommen. Sie können mir Ihre Art der Interpretation gerne mitteilen. Ich sage erneut deutlich, was ich auch der Presse gesagt habe, wer ein Plastik Schwein mit Davidstern "benutzt", um seine Show zu garnieren, der kann sich gerne Künstler nennen. Für mich ist es einfach nur geschmacklos und armselig. Offensichtlich ist die Not groß, noch Zuschauer zu finden. Funktionieren wird das wahrscheinlich nicht. Gut so! Und noch besser ist, dass man in Deutschland eine solche Show kritisieren kann ohne eins "in die Fresse" zu bekommen. Außer vielleicht von Ihnen. Ist das nicht tröstlich?
MA SZ

Von meinem iPhone gesendet

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Hier der Text meiner e-Mail an die o. g. Dame:

Sehr geehrte Bürgermeisterin Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann,

mit ihrem Statement zum Thema 'Roger Waters in Düsseldorf' hat die jüdische Gemeinde in Düsseldorf leider mehr als deutlich gemacht, dass sie nicht recherchiert hat um was es eigentlich bei dieser Show geht. Um es gleich vorweg zu sagen, das Gegenteil der dort geäußerten und kritisierten Vermutungen ist der Fall. Das nun schon über 30 Jahre alte Album hat die kritisierte Thematik schon immer genutzt um die Gefahren von Nationalsozialismus zu verdeutlichen! Mit dem gleichen Recht – und dem gleichen Irrtum - könnte man Wolfgang Petersens „Das Boot“ kritisieren in dem ja auch „Nazisymbolik“ verwendet wird.

In 'The Wall geht es um einen Rockstar der aufgrund seiner negativen Erfahrungen im Leben eine Mauer zum Selbstschutz um sich herum aufbaut. Diese Mauer der Isolation führt jedoch zu einer negativen Konsequenz. Sie sorgt dafür, dass eine Wirklichkeitsfremdheit entsteht. Der Rockstar wird schließlich von seinen Betreuern für ein bevorstehendes Konzert „fit-gespritzt“ und diese Vermischung aus Medikamenten und Drogen führt zu einen Alptraum im dem sich der Rockstar im Wahn faschistisch verhält. Ein Albtraum, von dem er schließlich selbst geschockt ist und befreit werden möchte. Er wird dazu verurteilt die Mauer der Isolation um sich herum niederzureißen und den Menschen wieder zu begegnen, die ihn schätzen und lieben. Das ist das Gegenteil einer Verherrlichung von Nazi-Symbolik und eine unverschämte Beleidigung all derer, die sich das Konzert ansehen wollen! Daher wird am Ende der Show die Mauer eingerissen und das fliegende Schwein (eine Metapher auf das Böse im Menschen) vom Publikum zerstört!

Das fliegende Schwein ist übrigens seit 1977 bereits ein fester Bestandteil der Shows von Pink Floyd und Roger Waters und es hat noch nie etwas mit einer „Judensau“ zu tun gehabt. Ich bin fassungslos wie sich wenig oder gar nicht informierte Menschen mal wieder leichtsinnig eine Meinung bilden und diese auch noch öffentlich äußern.

Eine blind weiterverbreitete dpa Meldung einer Beschwerde der jüdischen Gemeinde, kann ich als reflexartige Reaktion ohne gründliche Recherche verstehen - obwohl auch diese Äußerungen von Grund auf falsch sind! Inzwischen haben sich aber auch Politiker "kundig" zur Sache geäußert, die damit in geradezu peinlicher Weise offengelegt haben, dass sie vor allen Dingen nachplappern können aber sich selbst unzureichend oder gar nicht informieren bevor sie Statements abgeben.

Die Verwendung des Davidsterns kann man gerne diskutieren, aber ich bis es zwischenzeitlich auch müde zu erfahren, dass jede Kritik an der israelischen Politik gleichgesetzt wird mit Antisemitismus. Mit diesem Verhalten schadet sich die jüdische Bevölkerung inzwischen mehr als es ihnen nützt.

Die eigentliche Motivation hinter dem Boykott-Aufruf der Show ist ohnehin offensichtlich. Es soll eine Retourkutsche zu Waters’ Musik-Boykott-Aufruf in Israel sein.

Die Show wird seit vier Jahren in über 200 Aufführungen weltweit gezeigt und wurde von mehr als 3,5 Millionen Menschen gesehen. Sie hat Preise über Preise abgeräumt und gilt als das Non-Plus-Ultra der Rock-Konzerte. Bisher gab es nur in Belgien und in Deutschland (und sonst nirgendwo in der Welt!!!) Kritik an Waters’ Interpretation – und zwar ausschließlich von unwissenden Personen, die ohne Recherche und ohne Sachverstand plakativ Unsinn verbreiten. Die Show hat - im Gegenteil - nur äußerstes Lob in allen Medien eingefahren. Selbst in den USA, in der die jüdische Gemeinde sehr viel größeren Einfluss hat als hier in Deutschland.

In diesem Zusammenhang fällt mit Dieter Nuhr ein : "wenn man keine Ahnung hat, einfach mal Fresse halten!"

Martin Geyer
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Teacher
[Oberlehrer]



07.09.2013
15:45 Uhr
@ all

Wovon niemand zu reden scheint - auch hier im Forum? - möchte jetzt nicht hunderte Postings zu "The Wall 2013" nachlesen:

Es ist - wie ich finde - Roger auf beeindruckenste Art gelungen - einer mehr als dreißig Jahre alten Idee erschreckende Aktualität zu verleihen.  Besonders betroffen hat mich die "Intermission" gemacht; der stille Protest der hunderte sicher meist unschuldiger Opfer des Irak-Krieges und anderer Verbrechen, der während der Pause vor dem Auge der Zuschauer vorüberzogen. Ich habe als Lehrer viele Schüler zu den verschiedensten Gedenkstätten begleitet. Rogers "Anklagemauer" steht den meisten von ihnen nicht nach. Auch wenn man bedenkt, dass es sich um eine Inszenierung handelt: die Schicksale der Menschen, die in ihrer Mehrzahl kaum das dritte Lebensjahrzehnt erreichten - und das in unserer vermeintlich so fortschrittlichen Zeit - sind nicht weniger gnadenlos real als die der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft im vergangenen Jahrhundert.

Auch das Dwight D. Eisenhower-Zitat passte nahtlos in diesen Zusammenhang.

Was ich mich mehrfach während der gestrigen Show fragte: Kennt Obama oder irgendeiner der politischen Entscheidungsträger die Show? Und wenn ja, was denken diese Menschen im Geheimen darüber?



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‚Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande?’

Augustinus von Hippo / Benedikt XVI

KatzenHai
[Hailand]



07.09.2013
20:03 Uhr
@ Teacher
"Ich halte es nicht für wichtig, welchen Glauben jemand hat, sondern dass er überhaupt einen Glauben hat."  
Und genau das sehe ich anders. Nenne mir einen größeren Weltkonflikt, der ohne Religionsbeteiligung erfolgt wäre ...

David Gilmour's "Keep Talking" ist eigentlich nichts anderes als die Superkurzzusammenfassung von "The Wall" - wenn jeder sein Ding macht, geht's schief. Wenn alle aufeinender und miteinander aufpassen, wird's nett. Simple, isn't it?

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The band is just fantastic, that is really what I think. Oh by the way, which one's Pink?
  "Wenn Haie sterben, stirbt das Meer."

Teacher
[Oberlehrer]



07.09.2013
22:23 Uhr
@ KatzenHai

Und genau das sehe ich anders.


Nun, dann sind wir uns einig, dass wir uns in dieser Frage nicht einig sind, und es wohl auch nie werden. Mag sein, dass ich hier zu naiv denke, bzw. die von mir gesehene tiefenpsychologische Bedeutung der Religion für die "Seele" und die Entwicklung des Einzelnen die von dir unzweifelhaft zu recht genannten gewaltsamen bis kriegerischen Aspekte nicht aufwiegen kann.  

Glücklicherweise hängt von unserem Dissens nicht das Wohlergehen der Welt ab. Ich bin mir sicher, dass wir abseits dieses Streitthemas noch viele fruchtbare Diskussionen in diesem Forum und im persönlichen Gespräch führen werden.  

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Augustinus von Hippo / Benedikt XVI

Rufus_The_Dog
[Bruder]



08.09.2013
10:12 Uhr
@ Teacher & @KatzenHai

So weit seid ihr doch gar nicht auseinander

Meines Erachtens ist jeweils die Mehrheit der Gläubigen aller Religionsgemeinschaften tolerant und friedensliebend und ich glaube auch nicht, daß Waters dagegen irgendwelche Einwände hat.

Problematisch sind die Fundamentalisten und Fanatiker und die gibt es natürlich ebenfalls in allen Religionen, nicht nur im Islam, an den viele beim Thema Fundamentalismus natürlich zuerst denken, sondern natürlich auch im Christentum, bei den ultraorthodoxen Juden in Israel oder auch bei den Buddhisten (z.B. in Ceylon).

Ich selbst gehöre keiner Religionsgemeinschaft an, aber ich war in den vergangenen Jahrzehnten z.B. fünf Wochen in Israel, zwei Monate in der islamischen Republik Bangladesh und auch länger in Indien, Japan oder Burma und habe großen Respekt vor allen Weltreligionen gewonnen.

Um den Bogen zurück zu Roger Waters zu führen: Nach "Imagine", direkt vor Begin der Show, läuft ja noch "People Get Ready", ein Song mit eindeutig religiösem (Kon-)text:

>>People get ready
There's a train a comin'
You don't need no baggage you just get on board
All you need is faith
To hear the diesel comin'
Don't need no ticket you just thank the Lord<<

Auch diesen Song hat Waters ganz sicher nicht ohne Hintergrund ausgewählt.



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PINK FLOYD 20.06.1989, Frankfurt
R. Waters 18.05.2002, Koeln * 16.04.2007, Koeln * 08./09.04.2011, Arnheim * 03.06.2011, Mannheim * 01.07.2011, Paris * 06.09.2013, Düsseldorf
D. Gilmour 18.03.2006, Frankfurt

Teacher
[Oberlehrer]



08.09.2013
10:33 Uhr
@ Rufus_The_Dog

Danke dir für die vermittelnden Worte.  

aber ich war in den vergangenen Jahrzehnten z.B. fünf Wochen in Israel, zwei Monate in der islamischen Republik Bangladesh und auch länger in Indien, Japan oder Burma und habe großen Respekt vor allen Weltreligionen gewonnen.


Auch wenn der von mir nur zitierte Satz - dessen Urheber ich im Übrigen immer noch suche - nicht von mir stammt, habe ich ihn vor allem in dem von dir so schön veranschaulichten Sinne gebraucht.  

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Augustinus von Hippo / Benedikt XVI
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